Feb 072015
 

Heute Morgen hat es, wie sollte es auch anders sein, geregnet. Ich habe gemütlich geduscht, dann den Koffer schon etwas gepackt, damit es morgen nicht so gach wird. Beim Bücken knackt es ganz übel und mir fährt was ins Kreuz. Ein bisschen durchschnaufen, dann geht es wieder. Es zwickt aber immer noch ein bisschen, drum gehe ich etwas seltsam.

Mir ist das jetzt wurscht, weder Regen noch Rücken beachte ich, heute geh ich um den Stanley Park, basta. Für dieses Unterfangen muss man natürlich gestärkt sein, daher fahre ich wieder ins Tomahawk Restaurant und genehmige mir Eier, Bacon, Toast und Pancakes mit Ahornsirup. Ja so ein Frühstück wird mir fehlen. Danach fahr ich mit dem Auto zum Stanley Park. Dort sind genügend Parkplätze frei. Ich marschiere los und will den 8,8 km Rundweg, der immer am Wasser entlangführt im Uhrzeigersinn gehen. Schon nach wenigen Metern hört man nur noch die Brandung, ansonsten ist es mäuschenstill, man glaubt gar nicht dass links und rechts in 1 km Luftlinie die Metropole Vancouver ist. Am Himmel Kreisen die Weißkopfseeadler und im Wasser taucht ab und zu ein Seehund auf. Es hat zwischenzeitlich auch aufgehört zu regnen.

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Es sind nicht viele Leute unterwegs, ab und an mal ein Jogger oder Radfahrer. Dass sich Radfahrer und Fußgänger nicht in die Quere kommen ist hier simpel aber effektiv gelöst. Man darf als Radfahrer nur in eine Richtung fahren und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Zusätzlich ist zwischen Fuß- und Radweg ein 15 cm hoher Randstein. Als Fußgänger muss man also entweder absichtlich und bewusst drübersteigen oder man stolpert drüber. Beides sollte man merken. Fährt ein Radfahrer da drüber, steigt er unweigerlich ab und ist, nachdem er sich wieder aufgerappelt hat eh Fußgänger. Echt praktisch, wäre für unseren Olympiapark auch eine Überlegung wert. Bei etwas weniger als der Hälfte des Weges kommt man unter der Lions Gate Bridge durch, die Vancouver und North Vancouver miteinander verbindet. Sie ist 1,8 km lang und die Fahrbahn ist in 61 m Höhe.

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Langsam sieht man den Fracht- und Kohlehafen und dann die Skyline von Downtown mit dem Kreuzfahrtterminal. Ich schaue mir auf dem Weg noch die Totempfähle an und schon bin ich die gut 8 km gegangen.

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Da das Auto ja gut auf dem Parkplatz steht lasse ich es da und gehe zu Fuß richtung Gastown, dem historischen Kern von Vancouver. Im Yachthafen lacht mich ein Restaurant an, es ist eh Mittagszeit außerdem fängt es wieder stärker an zu regnen. Manu hat zu mir noch gesagt, „iss doch das, was du bei uns nicht bekommst, ich würde Austern essen“. Erstens hat sie Recht und zweitens soll man ja machen was die Frau sagt. So hab ich mir ein halbes Dutzend Austern als Vorspeise und Fish and Chips als Hauptgericht bestellt. Es war beides sehr lecker. Übrigens, kosten die Austern hier umgerechnet knapp 10 Euro, es ist absolut nichts Exklusives. Das hab ich in München auch schon mal für einen Wurstsalat bezahlt.
Über den Canada Place und die W Cordova Street bin ich dann nach Gastown gekommen, habe dort die dampfbetriebene Uhr und das Standbild von Gassy Jack, eigentlich John Deighton besucht.

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Diese Touristenattraktionen scheinen ganzjährig gut besucht zu sein, ein Unterschied zu Juli wäre mir nicht aufgefallen. Langsam mache ich mich auf den Rückweg, es ist mittlerweile schon 16 Uhr. Auf dem Weg gönne ich mir noch eine Starbucks Köstlichkeit, Vanilla Bean Cream Frappucchino ist diesen Urlaub zu meinem Favoriten geworden. Auf dem Weg zum Auto fällt mir ein, dass der Stanley Park ja an die English Bay, den schönen Stadtstrand von Vancouver, anschließt. Also geh ich die Denman Street komplett durch. Gerade als ich an den Strand komme reißt am Horzont die Wolkendecke auf und die schon tiefstehende Sonne grüßt nochmal zum Abschied.

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Ich mach einige Fotos. Dann kommt mir die Gegend seltsam bekannt vor und ich gehe nochmal ein gutes Stück vom Auto weg. Jetzt befinde ich mich gegenüber von Granville Island und genau hier haben wir im Jahr 2007 ein Foto von uns gemacht. Das Foto steht bei Mama und Papa im Wohnzimmerschrank. Hier auf einem dieser Baumstämme sind Manu und ich im Juli 2007 am Ende unserer ersten Kanadareise gesessen.

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Wir waren damals überwältigt von den ganzen Eindrücken dieser Reise und wir waren schon recht wehmütig, da wir bald darauf heimgeflogen sind. Passt irgendwie, nur dass ich heute nicht wehmütig bin. Ich war jetzt bei fünf Kanadareisen am Ende immer ein wenig traurig. Aber wie sich herausgestellt hat, völlig grundlos. Ich durfte immer wieder, mal früher, mal später zurückgekommen. Jetzt bin ich dankbar dass ich diese Woche hier sein durfte und weiß auch, dass wir wiederkommen, denn schließlich sind wir ja kanadaverrückt.

Dann bin ich aber zurück zum Auto, denn heute habe ich insgesamt eine gute Kilometerleistung hingelegt. Im Hotel hab ich mir noch eine Tasse Tee gekocht und diesen Bericht geschrieben. Anschließend werde ich den Koffer soweit fertig machen, dass ich morgen nur noch wenig einpacken muss.

Ich werde natürlich den morgigen Tag noch hier einstellen, aber eher erst von zu Hause aus. Daher wird das mein letzter Eintrag aus Kanada. Vielen Dank für das Interesse und den Kontakt, den wir über 8321 km per Mail, FaceTime oder WhatsApp gehalten haben. Danke an alle, die mir diese Reise ermöglicht haben. Wir sehen uns dann daheim.

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Euer oberverrückter Stefan, der wenn er das nächste Mal* nach Kanada zum Skifahren fliegt, auch dahin fliegt wo Schnee liegt, nämlich in die Rockies.

* da man so eine Reise nur alle 45 Jahre macht und ich mit 90 wahrscheinlich nicht mehr Ski fahre, also eher unwahrscheinlich